Leistungskurs-Geschichte des Jahrgangs A25 im Perthes-Forum

Auf den Spuren des Imperialismus

Gotha ist bekannterweise ein Zentrum für Kultur und Historie. Herzog Ernst II., das Schloss Friedenstein und die Verbindung zum englischen Königshaus sind Themen, die gern im Rahmen der Geschichte Gothas angebracht werden. Dabei wird jedoch oft vernachlässigt, welche Rolle Gotha als „Global Player“ der Geographie spielte. Glücklicherweise öffnet das Perthes-Forum genau aus diesem Grund seine Türen für Besucher und so auch für Schulklassen, um die geschichtlich-geografische Bedeutung Gothas zu bewahren.

 

Das damalige ''Deutsche Reich'' auf einer WirtschaftskarteDer Deutsche Kolonialatlas von Paul LanghansDer Deutsche Kolonialatlas von Paul Langhans (Titelseite)Die Herstellerangabe, die damals in vielen Atlanten auf der Welt abgedruckt warDie Titelseite eines Afrikaatlases - Abbilder von James Richardson, Adolf Overweg und Eduard VogelDurch eine Lupe lassen sich die sehr kleinen Beschriftungen besser lesen.JPGEin Abbild von AustralienEin Atlas mit dem damaligen Abbild von AfrikaEine Legende von Besetzungsgebieten verschiedener LaenderEine See- und HandelskarteEine Weltkarte, die die ''Verbreitung des Deutschtums'' zeigtZwei Atlanten mit Afrikas Abbild.JPG
 

Zentraler Punkt stellte dabei für den Geschichts-Leistungskurs der Stufe A25 der sogenannte „Ahnensaal“ im Perthes-Forum dar. Der als ältester Teil des Gebäudes geltende Raum sei früher dafür vorgesehen gewesen, Karten aufzubewahren und zu präsentieren. Als Justus Perthes den Perthes-Verlag im Jahre 1785 gründete, sei zwar auch aufklärerische Literatur zu finden gewesen, aber schon damals hätte man sich stark auf die Bereiche „Geografie“ und „Kartographie“ konzentriert.

Als großer Meilenstein erschien dabei der Hand-Atlas von Adolf Stieler. Dieser Atlas sei nämlich der erste Atlas mit Terraindarstellung durch Schraffuren. Was heute selbstverständlich ist, war damals scheinbar eine große Neuerung: Wie Referent Sven Ballenthin erklärte, entstünde durch hellere und dunklere Bereiche der Effekt, dass die Höhen und Tiefen der Landschaft wie aus dem Atlas herauszuragen scheinen. Allerdings sind die Karten von damals noch keine perfekte reale Abbildung der Welt gewesen, denn Aufgrund des damals noch fehlenden Wissens über die Welt sind in den alten Atlanten oft nur Konturen erkennbar und unerkundete Gebiete, wie beispielsweise die Mitte Afrikas, blieben sehr lange leer.

Erst im Zuge des Imperialismus, der gegen 1763 mit dem Ausbau von Handels- und Siedlerkolonien langsam ins Rollen kam und seine Blütezeit Anfang des 20. Jahrhunderts erlebte, wurden unbekannte Gebiete weiter erforscht. Das Verlangen nach Rohstoffen und militärischer Stabilität auf der ganzen Welt sorgte jedoch scheinbar dafür, dass die Atlanten damals nicht um die tatsächlich dort vorhandenen Staatsgrenzen, sondern um die Kolonialstaatsgrenzen erweitert wurden.

Vor allem für die eher angespannten Verhältnisse im damaligen Deutschen Reich schien es hilfreich, durch imperialistische Handlungen die Lage zu stabilisieren und aufzuzeigen, wohin das Deutsche Reich „expandierte“. Denn wie sich bei der Kartenarbeit des A25- Kurses im Perthes-Forum herausstellte, gab es nicht nur einfache See- und Handelskarten, sondern auch Wirtschafts- und „Kolonialkarten“, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in Schulen eingesetzt worden sein könnten. Die naheliegende Intention: Machtdemonstration und „Propaganda“. Karten mit Statistiken über „die Verbreitung des Deutschtums“, oder „der Alldeutsche Atlas“ von Paul Langhans, behandeln sehr ausführlich und teilweise sogar raffiniert, wo das damalige Deutsche Reich in der Welt gestanden haben soll, wie „riesig“ die eroberten Kolonien im Vergleich zum Reich selbst scheinbar gewesen waren, dass es viele Länder gegeben haben soll, in denen „35 bis 70% Prozent der Bevölkerung deutsch“ zu sein schienen, und wo man „noch Lücken füllen müsse“.

Diese Erkenntnisse der A25er sind jedoch nur die Spitze des Eisbergs, da Geschichte und Geografie eng miteinander verknüpft sind und schließlich ein dicht verzweigtes Netzwerk bilden. Für alle, die dieses Netzwerk erkunden und entwirren möchten, ist die „Sammlung Perthes“ im Perthes-Forum in Gotha von Montag bis Freitag, 9 bis 15 Uhr, nach Voranmeldung zugänglich, so die Internet-Website der Universität Erfurt zum Perthes- Forum.

Bericht und Fotos: Finn Rother // LxCreations

letzte Änderung: 28.02.2019